Das Fernrohr und der Blick der Neuzeit

Teleskop und Mikroskop wurden fast zeitgleich kurz nach 1600 erfunden. Als optische Instrumente erweitern sie den menschlichen Sehsinn und ermöglichen Entdeckungen, die über das etablierte Wissen der Antike und des Mittelalters hinausweisen. Sie haben mit zum Entstehen eines neuen Weltbilds beigetragen, das sich von alten Gewissheiten löst und nach neuen Erkenntnissen sucht.

Fernrohr
Lüneburger Fernrohr, Eberhard Joachim Elfeld, um 1700 (Foto: Museum Lüneburg)

Dabei ist die Konstruktion früher Linsenfernrohre recht simpel. Gleich drei Niederländer erhoben Patentansprüche und reklamierten die Erfindung für sich. Die niederländische Regierung entschied im Oktober 1608 jedoch, dass die Erfindung nicht geschützt werden könne, da sie zu einfach zu kopieren sei. Dafür spricht auch, dass es Galileo Galilei (1564-1642) allein aufgrund der Berichte über die neue Erfindung gelang, ein Linsenfernrohr selbständig nachzubauen. Er setzte es zu Himmelsbeobachtungen ein und entdeckte dadurch die zuvor für menschliche Augen nicht sichtbaren Jupitermonde.

Die neuartigen Instrumente und die mit ihnen möglichen Beobachtungen faszinierten die Gelehrten der Frühen Neuzeit weltweit. Auch Laien war es mit etwas Geschick möglich, ein Teleskop nachzubauen und die hinter der Konstruktion stehenden Prinzipien praktisch nachzuvollziehen. Ein Beispiel dafür ist das um 1700 hergestellte Teleskop des Lüneburger Schulmeisters Eberhard Joachim Elfeld (1659-1724). Das große, auf mehr als zweieinhalb Meter ausziehbare Fernrohr ist das älteste bisher bekannte Teleskop, das nachweislich in Lüneburg gefertigt wurde.

Die handwerkliche Gestaltung von Elfelds Fernrohr steht Instrumenten professioneller Hersteller in nichts nach. Das Teleskop verfügte ursprünglich über ein Linsensystem, das sich durch die Entnahme zweier Linsen vom terrestrischen zum astronomischen Fernrohr wandeln ließ.

Ausstellungsraum „Glauben und Wissen“
Lüneburger Fernrohr im Ausstellungsraum „glauben und wissen“ (Foto: Museumstechnik Berlin)

Womöglich hat der junge Johann Sebastian Bach während seiner Zeit in Lüneburg (1700-1702) dieses Fernrohr gesehen oder sogar in Händen gehalten. Elfeld war damals Konrektor der Michaelisschule und unterrichtete Bach in Latein und Griechisch, womöglich in einzelnen Kursen auch in Geschichte und Geographie, Mathematik und Physik.

(Ulfert Tschirner, Kurator für Kulturgeschichte)

Siehe hierzu auch unseren Adventskalender der Superlative: Das ausgezogenste Objekt

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