Alte Funde – neu entdeckt

Römische Goldmünze

Wenn heutzutage Goldmünzen gefunden werden, dann darf der glückliche Finder sicher sein, dass seine Entdeckung mit einiger Gewissheit auch ein nicht unbedeutendes Medienecho zur Folge hat.

So geschehen zum Beispiel auch am Lüneburger Stadtrand, als der Hobbyarchäologe Florian Bautsch im Jahre 2015 ganze 217 solche Münzen mit seinem Metalldetektor aufspürte. Besagte Münzen waren gegen Ende des Dritten Reiches beiseite geschafft und vergraben worden. Dieser Fund war immerhin so publikumswirksam, dass es dem Museum Lüneburg vor einiger Zeit sogar den Besuch eines Fernsehteams aus dem fernen Japan bescherte.

Doch sind diese Münzen keineswegs allein in der Lüneburger Museumssammlung.

römische Goldmünze mit Kopf im Profil und Umschrift
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Schon seit den Fünfzigerjahren nennt das Museum eine römische Goldmünze sein eigen, von der nur wenig mehr bekannt ist, als dass sie irgendwo bei Kirchgellersen gefunden wurde.

Übereignet wurde sie von ihrer Besitzerin Erna Stegen aus Kirchgellersen gegen Ende der Fünfzigerjahre; wo sie genau gefunden wurde, ist nicht überliefert. Eben diese Frage allerdings ist aus archäologischer Sicht von großer Bedeutung, da die Fundplätze aus der Zeit ihrer Prägung hierzulande nur selten entdeckt werden. In jener Zeit nämlich war die hiesige Region nur noch sehr dünn besiedelt, weil ihre Bewohner, der germanische Stamm der Langobarden, sich in großen Teilen auf eine Völkerwanderung in Richtung auf die Grenzen des römischen Reiches begeben hatte.

altes Porträtfoto von Erna Stegen aus Kirchgellersen
Die Finderin Erna Stegen aus Kirchgellersen, undatiert, vermutlich aus den Fünfzigerjahren  (Foto: Familienbesitz Gehrke)

Die Finderin selbst konnte das Rätsel um den genauen Fundort der Münze nicht mehr lösen helfen, sie war bereits in den Sechzigerjahren verstorben.

Seither geisterte die Frage nach dem Fundort immer wieder durch die einschlägige Literatur; mehr als Vermutungen jedoch gab es nicht.

Eine davon wollte den genauen Fundort der Münze in der Nähe eines nur wenige Jahrhunderte älteren Urnenfriedhofes ansiedeln, der vom Lüneburger Museum bereits in den Dreißigerjahren ebenfalls bei Kirchgellersen ausgegraben wurde. Von anderen Fundplätzen – etwa aus Adendorf, dem Zeltberg in Lüneburg oder bei Boltersen – ist bekannt, dass es solche „Friedhofspaare“, bestehend aus einem älteren und einem jüngeren Teil, hierzulande durchaus mehrfach gab.

Doch wie sollte man beweisen, dass dies auch im Falle der Kirchgellerser Münze so war? Dass sie von einem alten Friedhof stammt, war mittlerweile sicher, da auch aus dem Nachlass des Lebensgefährten der Finderin einige Urnen bekannt geworden waren, die ebenfalls in die Völkerwanderungszeit zu datieren sind.

Das ersehnte Licht ins Dunkel brachte schließlich das Studium alter Akten, in denen seit Beginn des Jahrhunderts alle Fakten über die archäologischen Funde des Museums festgehalten werden.

Dank der Hilfe des Reppenstedter Samtgemeindearchivars Lutz Tetau konnte zudem ermittelt werden, wo Erna Stegen seinerzeit Land besessen und wo sie somit auch die Münze gefunden haben könnte.

Tatsächlich fand sich ein Ackerstück, das sich in direkter Nachbarschaft des einst vom Lüneburger Museum unter der Leitung von Wilhelm Reinicke ausgegrabenen Urnenfriedhofes befand! Hier musste der Fundort gesucht werden, alle sonstigen Ackerstücke lagen in weiter entfernten Teilen der Kirchgellerser Feldmark.

Kollegen beim Aktenstudium
Henri Rake, Bufdi im Lüneburger Museum und Dietmar Gehrke, Kurator für die ur- und frühgeschichtliche Archäologie beim Aktenstudium
(Foto: Christina Broesike)

Mit einiger Sicherheit kann man daher davon ausgehen, dass es allein durch Akten- und Literaturrecherche gelungen ist, besagte Münze gewissermaßen ein zweites Mal zu finden und einen der seltenen Friedhöfe des Völkerwanderungszeit in die Denkmalverzeichnisse der Region einzutragen.

Dies war nur möglich, weil die Münze seinerzeit nicht in Privatbesitz verblieben, sondern stattdessen dem Museum übergeben worden war.

(Dietmar Gehrke)

Ein ausführlicher Bericht erscheint in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift „Denkmalpflege in Lüneburg“.

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