Das Rätsel um die Auferstehung – Auferstehungsbilder im Museum und in der St. Johanniskirche

Museum – drinnen & draußen, Teil 5

„Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“ – mit diesen Worten begrüßt der ewig zweifelnde Faust in Goethes gleichnamigen Werk den Frühlingsmorgen, an dem die Osterbotschaft verkündigt wird. „Jeder sonnt sich heute so gern, Sie feiern die Auferstehung des Herrn.“ Die Auferstehung Jesu Christi gehört zu den Kerninhalten des Christentums, sie ist ihre wichtigste Botschaft, zugleich aber auch das größte Rätsel.

Das Osterfest ist das höchste Fest für alle christlichen Konfessionen. Es findet immer am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond statt. Darauf einigte man sich im Jahr 325 n. Chr. auf dem Konzil von Nicäa, denn im Gegensatz zum Tag der Geburt schien der Todestag Christi nicht genau datierbar. Die Berichte der Evangelisten widersprechen sich teilweise, und bis heute debattiert die Wissenschaft über das genaue Todesdatum.

In der christlichen Kunst ist die Szene der Auferstehung im 12. Jahrhundert entwickelt worden. Seitdem hat die Kunst eine unglaubliche Vielfalt an Darstellungen hervorgebracht. Die Bildkomposition ist oft gleich: Christus, der mit der Kreuzesfahne aus dem Grab aufsteigt und damit den Sieg des Lebens über den Tod symbolisiert, die schlafenden Wächter am Grab, die drei Marien, die ersten Zeuginnen für das leere Grab, der Engel, der die frohe Botschaft von der Auferstehung verkündigt.

Auferstehungsszene 1571, Museum Lüneburg (Foto: Museum Lüneburg)

Besonders in der Zeit der Renaissance war das Bild das wichtigste Medium zur Übermittlung der Auferstehungsbotschaft. Im Museum Lüneburg ist eine Auferstehungsszene aus dem Jahr 1571 überliefert. Es gehört gewiss nicht zu den qualitätsvollsten Kunstwerken im Museum. Der Lüneburger Historiker und Archivar Gebhardi, der das Gemälde noch an seinem ursprünglichen Ort in der Johanniskirche betrachtet hatte, schrieb dazu: „Nahe dabey hängt ein schlechtes Gemälde von Christi Auferstehung“. Die beiden Wappen am oberen Rand weisen auf die Stifter hin, den Patrizier Hartwig Schomaker und seine Frau Margarete Töbing. Sie stifteten das Bild 1581 als Zeichen ihrer Frömmigkeit. Die künstlerische Qualität war der Bedeutung des Motivs nachrangig, hier ging es darum, eine der zentralen christlichen Botschaften möglichst anschaulich vor Augen zu führen. Etwas ist ungewöhnlich: Die Wächter schlafen nicht, sondern blicken mit weit aufgerissenen Augen und wild gestikulierend auf den Auferstehenden und bringen dadurch eine besondere Dramatik in die Szene. War es die Furcht, wie im Matthäus-Evangelium beschrieben?

Wer die St. Johanniskirche besucht, begegnet außen wie innen zahlreichen Grabplatten, Totenschilden und Gedenktafeln mit Inschriften und bildlichen Darstellungen für Verstorbene. Viele Lüneburger Patrizierfamilien haben sich hier ein ewiges Denkmal gesetzt, so auch die Familie Stöterogge. Das Epitaph für Hartwig Stöterogge und seine Ehefrau an der westlichen Säule im Mittelschiff zeigt eine Auferstehungsszene. Der von Engeln umgebene Christus hält eine Lanze mit dem Kreuzzeichen in der Hand, die Spitze trifft einen Drachen, der ein Gerippe in seinen Klauen hält. Unterhalb der Auferstehungsszene knien der Verstorbene und seine Ehefrau mit den Wappen ihrer Familien. Hartwig Stöterogge verstarb 1539, seine Ehefrau Margaretha Stoketo ein Jahr später. Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Tod der Eltern, 1552, veranlasste der Sohn Nikolaus Stöterogge die Anfertigung des Epitaphs, das durch seine besonders sorgfältige Ausführung ins Auge fällt. Die Inschrift lautet übersetzt: „Auch dich, Hartwig Stöterogge, der hinweggerissen wurde, beklagt nun die Vaterstadt, die sich gerade erst deiner Ratschläge erfreute. Da du sie nämlich als Bürgermeister viele Jahre lang gefördert hast, hätte sie gewünscht, du könntest ewig als Greis überleben. Doch dir, dem die Frömmigkeit und die Klugheit einen großen Namen verliehen, dem Glaubenstreuen, hat Christus den würdigen Lohn gegeben.“
(DI 100, Inschriften Stadt Lüneburg, Nr. 377 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net)

(Heike Düselder)

Prof. Dr. Heike Düselder ist die Direktorin des Museum Lüneburg.

Serie „Museum – drinnen & draußen”,  Teil 6
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