junger Mann in Kluft und nackt, obenrum Titel der Ausstellung

Kluft & Haut. Fotoporträts junger Menschen auf der Walz

Von Benjamin & Dominik Reding

24. September – 27. Oktober 2019

Eintritt 3 €, Wandergesellinnen und -gesellen in Kluft erhalten freien Eintritt und einen Becher Kaffee oder Tee gratis.

Tipp: Wandergesellen im Fernsehen

Am Montag, den 30. September, um 22:45 Uhr zeigt das NDR-Fernsehen einen interessanten Beitrag zur aktuellen Sonderausstellung „Kluft & Haut“. In der Sendung Kulturjournal kommen Benjamin & Dominik Reding, die Macher des Fotokunst-Projektes, ebenso zu Wort wie der Wandergeselle und Zimmerer Roland Fenske, den das Fernsehteam auf einer Baustelle in Lübeck besucht hat. Fenske kennt die Künstler – denn er ist selbst einer der 19 Wandergesellinnen und –gesellen, die für das Projekt auf fast lebensgroßen Doppel-Porträts abgebildet wurden.

Der Beitrag ist noch in der NDR Mediathek vorrätig: Nackte Handwerksgesellen in Lüneburg, Kulturjournal vom 30.09.2019, 22:45 Uhr, Autor: Stefan Mühlenhoff (05:10 min)

Hiermit zeigt das Museum Lüneburg eine außergewöhnliche Fotoausstellung über junge Menschen auf der Walz – eine Tradition, die seit 2015 sogar zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Auch in Lüneburg als „Gesellenstadt“ sind die Wandergesellen und -gesellinnen gern gesehene Gäste, zum Beispiel im Rathaus, wo sie sich einen Stempel für das Wanderbuch und ein Handgeld abholen. Der aktuelle Fotozyklus „Kluft & Haut“ der für ihre gesellschaftskritischen Kinofilme bekannten Berliner Filmemacher Benjamin und Dominik Reding wird in dieser Zeit erstmalig in einem Museum zu sehen sein.

Benjamin & Dominik Reding

Fotograf Benjamin Reding und sein Zwillingsbruder Dominik (beide geboren in Dortmund am 03.01.1969) nehmen in ihrem Foto-Kunst-Projekt eine ungewöhnliche Perspektive auf ein gleichsam traditionelles wie auch sehr modernes Thema ein: Auf 19 fast lebensgroßen Doppel-Porträts zeigen sie die Generation der aktuell reisenden Wandergesellen und Wandergesellinnen, je einmal in ihrer traditionellen Kluft mit Knotenstock und Reisebündel, und einmal in ihrer ungeschützten Nacktheit. Und das in der für die Reding-Brüder typischen Handschrift: gesellschaftskritisch, eigenwillig und provokant. Benjamin Reding, der Fotograf der Porträts, erklärt: „Mit dieser Fotoschau zeigen wir, dass ‚Heimat‘ kein Exklusiv-Gefühl nur für Wertkonservative und Ewiggestrige ist, sondern der Ausdruck von Vielfalt, Gleichberechtigung, Fortschrittlichkeit und Modernität sein kann. Das Projekt beweist, dass Tradition und Moderne eine faszinierende Verbindung eingehen können.“ Die Zwillingsbrüder zeigen die Gesellinnen und Gesellen nicht als „lebende Zinnteller“ für den Kaminsims, sondern als mutige, verschrammte, wache, erschöpfte, reale Gestalten, denen das Fremde, Unbekannte und Neue Alltag ist.

Nur circa 500 Wandergesellen sind in Deutschland pro Jahr auf „Tippelei“ und wandern für drei Jahre und einen Tag durch Europa und die Welt. Die Walz unterliegt dabei strengen Regeln: Die Gesellinnen und Gesellen dürfen nur bis maximal 50 Kilometer an ihren alten Heimatort heran, sie müssen ledig, möglichst unter Dreißig und ohne Vorstrafen sein. Smartphones, Handys und Laptops sind während der gesamten Wanderzeit absolut tabu. Die für das Foto-Kunst-Projekt Porträtierten kommen aus allen Gewerken (von der Schneiderin, Tischlerin, Zimmerin, Bootsbauerin bis zum Maurer, Steinmetz, Schlosser und Schmied) und aus fünf verschiedenen europäischen Ländern (Schweiz, Italien, Österreich, Frankreich und Deutschland). Sieben Doppel-Porträts zeigen Frauen auf der Walz. Denn seit der Jahrtausendwende sind auch immer mehr junge Frauen auf Wanderschaft.

Wandergesellen sind also eine wirklich seltene, besondere und normalerweise extrem kamerascheue Spezies. Dominik Reding, der die Texte zur Ausstellung schrieb, ergänzt: „Uns sind während der zweijährigen Arbeit an unserem Foto-Projekt sensible, wache und mutige junge Menschen begegnet, bei denen der Gedanke der Völkerverständigung, des vorurteilsfreien Kennenlernens fremder Kulturen und Ethnien, des sozialen, solidarischen Miteinanders und des achtsamen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen selbstverständlich gelebte Wirklichkeit sind. Diesen Menschen möchten wir in unseren Fotografien mit Respekt, Würde und Wertschätzung begegnen.“

Es sei das Kernanliegen ihrer Ausstellung, sagt Benjamin Reding, diese geheimnisvolle, kraftvolle Aura, die hohe Spannung und Intensität dieser risikofreudigen Freiheits-Sucher für jeden Besucher erlebbar und fühlbar zu machen, und damit auch Raum zu schaffen für eine ehrliche Befragung des eigenen Lebens mit all seinen Normen, Zwängen und Grenzen.

Ort der Ausstellung:  Abt. „erinnern & erhalten”,  Eintritt 3 €

junger Mann in Kluft und nackt, untenrum

Flyer zum Download:
Kluft & Haut: Die Fotoarbeit für die Ausstellung(247 KB)
Kluft & Haut: Infos zur Wanderschaft(422 KB)

Weitere Informationen über die Künstler:
wikipedia-Artikel: Benjamin Reding, Filmregisseur, Drehbuchautor Filmproduzent, Autor und Fotograf
wikipedia-Artikel: Dominik Reding, Filmregisseur, Drehbuchautor, Filmproduzent und Schriftsteller

Siehe auch: LZ-Artikel, 25.09.19, Frank Füllgrabe: Das Ziel ist im Weg. Die Ausstellung „Kluft & Haut” ...(157 KB)

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